„Eine Vermögenssteuer besteuert etwas, wofür schon einmal Steuern bezahlt wurde und ist daher Schwachsinn!“
Es gibt viele überzeugende Gründe für die Einführung einer Vermögenssteuer. So kann man ins Treffen führen, dass die Vermögensbesteuerung in Österreich weit unter dem internationalen Durchschnitt liegt, während Arbeit überdurchschnittlich belastet wird. Man kann ebenso darauf verweisen, dass die Besteuerung von Vermögen die mit Abstand wachstumsfreundlichste Variante der Besteuerung darstellt. Darüber hinaus könnte man auf die außerordentlich ungleiche Verteilung von Vermögen verweisen.
Doch all diese Argumente werden in der öffentlichen Debatte von KritikerInnen der Vermögensbesteuerung mit einem einzigen Argument vom Tisch gewischt: „Eine Vermögenssteuer besteuert etwas, wofür schon einmal Steuern bezahlt wurden und ist daher Schwachsinn.“
„Eine Vermögenssteuer ist und bleibt ziemlicher Schwachsinn, weil sie etwas besteuert, wofür die Leute schon einmal Steuern bezahlt und was sie sich auf die Seite gelegt haben. Wer kann schon Freund einer Zweitbesteuerung sein?“
Karlheinz-Kopf, ehemal. ÖVP-Klubobmann (Die Presse, Printausgabe vom 26.06.2010)
Durch die Einführung einer Vermögensteuer wird Einkommen und Besitz doppelt besteuert. Vermögen ist nichts anderes als erarbeitetes und erspartes Einkommen, das bereits einmal einkommensteuermäßig erfasst wurde.
Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereiningung (OTS-03. April 2013)
Würde man dieser – auf den ersten Blick einleuchtenden – Argumentationslogik folgen, so müsste man auch alle anderen Steuern abschaffen. Denn das Wirtschaftssystem ist ein Kreislaufsystem, das Doppelbesteuerungsargument ließe sich deshalb auch auf alle anderen Bereiche anwenden. So kann man etwa auch die Umsatzsteuer, wie alle anderen Verkehrs- und Verbrauchsteuern, als doppelte Besteuerung bezeichnen. Jede Person, die ihr versteuertes Einkommen ausgibt, zahlt beim Einkaufen noch einmal Steuern und wird damit „doppelt“ besteuert. Aus einem solchen Blickwinkel stellt sich also die Frage, warum Arbeit und Konsum doppelt besteuert werden, Vermögen und dessen Gebrauch aber kaum. Tatsächlich lässt sich diese ungleiche Behandlung nicht rechtfertigen. Im Gegenteil – sie widerspricht einem fundamentalen Prinzip der Besteuerung, nämlich dem Leistungsfähigkeitsprinzip. Nach dem horizontalen Leistungsfähigkeitsprinzip müssen SteuerzahlerInnen mit identischer wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit steuerlich im selben Ausmaß belastet werden. Das vertikale Leistungsfähigkeitsprinzip verlangt hingegen nach einer (relativ) höheren steuerlichen Belastung für jene mit einer höheren wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
Diese grundsätzlichen Prinzipien werden in Österreich schon alleine durch die sehr hohe Belastung des Faktors Arbeit und die gleichzeitig relativ geringe Belastung von Kapital verletzt.
So liegt in Österreich die Belastung von Kapital signifikant unter dem Durchschnitt der EU-28 Staaten, während Arbeitseinkommen deutlich höher belastet werden. Der Faktor Arbeit wird also in ungemein größerem Ausmaß zur Finanzierung gesellschaftlicher Aufgaben herangezogen als Kapital. Die Besteuerung des Konsum verschärft dieses Problem noch weiter, wird doch Arbeitseinkommen zum überwiegenden Teil für Konsum verwendet während Kapital selbst auch als Gebrauchsgut dienen kann (z.B. in Form von Immobilien oder Investitionskapital). Aufgrund der äußerst geringen bzw. teilweise nicht vorhandenen Besteuerung von Vermögen und Erträgen aus diesem so genannten Kapitaleinkommen bedeutet dies darüber hinaus ein Privileg für jene, die sich das Anhäufen von Vermögen ohnehin schon leisten können. Dieses Argument der Doppelbesteuerung dann auch noch ausgerechnet auf Erbschafts- und Schenkungssteuern anzuwenden ist ganz besonders absurd. Entscheidend für die Betrachtung ist nicht das Besteuerungsobjekt Vermögen, sondern das Besteuerungssubjekt, also die Person die erbt oder beschenkt wird. Denn diejenige Person, die von der Schenkung oder dem Erbe profitiert und auf einen Schlag ein Vermögen erwirbt, hat für diesen Vermögenserwerb weder irgendetwas geleistet noch jemals dafür auch nur einen Euro Steuern bezahlt – und das, obwohl diejenigen, die für den Erwerb eines Vermögens arbeiten, steuerlich deutlich stärker belastet werden. (Siehe dazu Mythos „Erbschafts- und Schenkungssteuer treffen den Mittelstand, Häuslbauer und Familienunternehmen.“)
- Das Wirtschaftssystem ist ein Kreislaufsystem, deshalb dürfte man hypothetisch betrachtet nur noch eine einzige Steuerart zulassen um Doppelbesteuerung zu vermeiden. Entsprechend diesem Argument müssten Verbrauchssteuern wie die Umsatzsteuer ebenfalls abgeschafft werden.
- Vermögen ist in Österreich unterdurchschnittlich und Arbeit überdurchschnittlich belastet. Wieso ist die Doppelbesteuerung bei Arbeit und Verbrauch legitim, bei Vermögen jedoch nicht?
- Wenn jemand erbt oder beschenkt wird, hat er oder sie für das erworbene Vermögen noch nie Steuern bezahlt – dies widerspricht dem Leistungsfähigkeitsprinzip.
- Die Presse (26.06.2010): „Kopf: Eine Vermögenssteuer ist Schwachsinn“
- beigewum.at (18.07.2010): „Millionen für den Feudalismus“
- Eurostat, Europäische Kommission (2014): „Taxation trends in the European Union“
- OTS (03.04.2013): Industrie: Vermögensteuern kosten Arbeitsplätze
„Das Wirtschaftssystem ist ein Kreislaufsystem, deshalb dürfte man hypothetisch betrachtet nur noch eine einzige Steuerart zulassen um Doppelbesteuerung zu vermeiden. Entsprechend diesem Argument müssten Verbrauchssteuern wie die Umsatzsteuer ebenfalls abgeschafft werden.“
Da bin ich anderer Ansicht: Umsatzsteuer sollte nicht abgeschafft werden, sondern – umbenannt in „Konsumsteuer“ – die einzige verbleibende Steuer in einem neuen System sein, dass dem Begriff „Steuerreform“ auch wirklich gerecht wird.
Ansonsten guter Beitrag!
<blockquote cite =" Würde man dieser – auf den ersten Blick einleuchtenden – Argumentationslogik folgen, so müsste man auch alle anderen Steuern abschaffen. Denn das Wirtschaftssystem ist ein Kreislaufsystem, das Doppelbesteuerungsargument ließe sich deshalb auch auf alle anderen Bereiche anwenden. So kann man etwa auch die Umsatzsteuer, wie alle anderen Verkehrs- und Verbrauchsteuern, als doppelte Besteuerung bezeichnen. Jede Person, die ihr versteuertes Einkommen ausgibt, zahlt beim Einkaufen noch einmal Steuern und wird damit „doppelt“ besteuert. Aus einem solchen Blickwinkel stellt sich also die Frage, warum Arbeit und Konsum doppelt besteuert werden, Vermögen und dessen Gebrauch aber kaum. Tatsächlich lässt sich diese ungleiche Behandlung nicht rechtfertigen.
Vermögen ist ehemals besteuertes Einkommen. Somit existiert derselbe Wirtschaftskreislauf auch bei Vermögen, wenn Vermögen wieder in Waren und Dienstleistungen umgetauscht wird, fallen dieselben Steuern an, als würde man die Waren und Dienstleistungen durch zeitnah erwirtschaftetes Einkommen erwerben.
Somit kann ich nicht nachvollziehen, wieso hier eine Ungleichbehandlung vorliegt.